Wie im eigenen Wohnzimmer

  • Dipl.-Ing. Klaus Landerl, Architekturbüro Arkade in Linz, absolvierte die HTL für Hochbau in Linz und das Studium der Architektur in Graz. Er ist verantwortlich für die General- und Detailplanung sowie für die gesamte Bauausführung der Grüne Erde-Welt im Almtal. Das Büro Arkade erhielt den österreichischen Architektur-Staatspreis für Industrie & Gewerbe 2016.
    • Redaktion: Was genau macht der Generalplaner beim Projekt Grüne Erde-Welt im Almtal?

      Klaus Landerl: Die Aufgabe war sehr gesamtheitlich. Ich habe während der vergangenen 2,5 Jahre mit dem Gestalter des Gesamtkonzepts der Grüne Erde-Welt im Almtal, Prof. Klaus Loenhart, und seinem Team intensiv und sehr gut zusammengearbeitet. Zwischen unseren Büros gab es vom ersten Tag an in Bezug auf die Planungsarbeiten einen fließenden Übergang. Wir hatten gemeinsam mit dem Bauherrn Grüne Erde 2 bis 3 Meetings pro Monat, lange Sitzungen bis zu 10 Stunden!
      Architektur hört nicht mit der Skizze und dem Vorentwurf auf, sondern geht weiter bis in viele Details, bis zum Fensterrahmen und Türstopper, die gemeinsam koordiniert wurden.
      Meine Mitarbeiter und ich waren auch zuständig für das Erstellen von Polierplänen, die Abwicklung von Ausschreibungen, Auftragsvergabe, zeitliche Koordination der Handwerker und Prüfung der Qualität. So konnten wir sowohl in architektonischer Hinsicht als auch bei der technischen Umsetzung und Bauleitung unsere Kompetenz und Erfahrung einbringen.

      Redaktion: Was muss man als Generalplaner noch können – außer Technik?

      Klaus Landerl: So ein konsequent ökologisches, anspruchsvolles Projekt wie die Grüne Erde-Welt im Almtal fordert alle Beteiligten, den Bauherrn und die Planer, stark heraus. Alle wollen viel. Und wie bei jedem Bau muss man diese vielen Interessen, Architektur, Budget und Zeitplan unter einen Hut bringen, damit es am Ende gut wird. Das ist umso schwieriger, wenn man einen Prototypen baut. Und dieses Gebäude ist ein Prototyp. Ich mache meinen Job jetzt seit 25 Jahren, und ich sehe meine Stärke auch darin, die ganze Projekt-Gruppe zusammenzuhalten, zwischen verschiedenen Interessen zu vermitteln, ausgleichend zu wirken. Als kühler Techniker kommt man da nicht weit, man braucht auch menschliches Gespür und soziale Kompetenz, es ist so ähnlich wie bei einem Mediator.
    • Blick auf die Grüne Erde-Welt aus einem der 13 Lichthöfe
    • Generalplaner Landerl spricht über die Grüne Erde-Welt
    • “Das ist der Moment, wo man sich sagt: Ja, das wird gut.”
      Generalplaner Dipl.-Ing. Klaus Landerl
  • Redaktion: Wieviele Menschen waren am Bau beteiligt?

    Klaus Landerl: Allein das Projekt-Team bestand aus rund 30 Personen: die Leute von Grüne Erde, dazu mehrere Planungsteams, etwa für Gesamtkonzept und Außenanlagen, für bauliche Details, Statik, Bauphysik, Energieversorgung etc. Sowie rund 200 Handwerker – vom Baggerfahrer über den Zimmerer, Elektriker und Gärtner bis zum Maler und Tischler. Meine Aufgabe war es, alle Teams zu koordinieren und zusammenzuhalten.

    Redaktion: Was war für Sie die größte Herausforderung beim Planen?

    Klaus Landerl: Anspruchsvoll war ganz sicher, die Technik so zu planen, dass man sie nicht sieht. Im Endeffekt haben wir hier ja einen Gewerbebau mit Produktion, Lager, Verkaufsräumen, Gastronomie. Ich bin stolz, dass es uns gelungen ist, die Technik fast vollkommen verschwinden zu lassen – wie im eigenen Wohnzimmer zuhause. So sind etwa die Leitungen für Belüftung, Heizung, Strom oder Druckluft unsichtbar unter dem Fußboden verborgen. Die beste Technik ist die, die man nicht sieht, und die trotzdem gut funktioniert.

    Redaktion: Gab es besonders knifflige Details?

    Klaus Landerl: Oh ja, viele! Nur ein Beispiel: das Tragwerk aus Holz. Die Frage war, wie filigran kann es sein, wie stark muss es sein – im Hinblick auf Traglast, Brandschutz, Schneelast und die 6.000 m2 große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Wir haben solange getüftelt und optimiert, bis wir schließlich von 24 x 24 cm starken Holzstützen auf eine Dimension von 18 x 18 cm gekommen sind, was eleganter aussieht. Von einigen Details haben wir vor dem eigentlichen Baubeginn Modelle im Maßstab 1:1 gebaut. Etwa von Teilen der Fassade, die am 1:1-Modell optimiert wurde. Erst, als wir Klarheit hatten, etwa in Bezug auf Farbe, Oberflächenstruktur oder Haptik, sind wir in die Umsetzung gegangen.

    Redaktion: Haben Sie etwas Vergleichbares schon einmal gebaut?

    Klaus Landerl: Von der Größe her ja, auch schon größere Sachen, aber von der ökologischen Qualität her ist das hier schon ziemlich einzigartig. Da war der Bauherr Grüne Erde sehr konsequent. Wir haben keine synthetischen Materialien verbaut, nur natürliche Rohstoffe, heimisches Holz, Schurwolle zur Dämmung. Nichts, was Schadstoffe abgibt.
    Aber nicht nur in Bezug auf das Baumaterial wurde versucht, den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Wir haben auch nicht mehr Fläche verbraucht als jene 9.000 m2, auf denen hier zuvor eine alte Küchenfabrik war. Wir haben den gesamten Abbruchbeton rezykliert und wieder verwendet, etwa für das Fundament. Auch der Erdaushub, einige 1.000 m3, wurde nicht weggebracht, sondern für die Außenanlagen verwendet. Viele Transportfahrten sind dadurch weggefallen.

    Redaktion: Was war außer der Ökologie besonders wichtig beim Bau?

    Klaus Landerl: Regionalität! Wann immer möglich, wurden regionale Firmen beauftragt, das Bauholz und die Schurwolle stammen aus Österreich, Bäume und Sträucher für die Außenanlagen und Lichthöfe aus Oberösterreich. Ich glaube, auch ein Baum fühlt sich wohler, wenn er nur 30 km hierher transportiert wird als einige hundert.

    Redaktion: Was war für Sie persönlich der schönste Moment während der ganzen Bauphase?

    Klaus Landerl: Der kommt immer dann, wenn das, was man am Papier entwickelt hat, zur Realität wird. Wenn die Räume so werden, wie sie gedacht sind, da kommt so ein Zufriedenheitsgefühl auf. Bei der Grüne Erde-Welt im Almtal war das im Herbst 2017. Wenn nach Monaten der Planung der Rohbau steht, wenn man die Strukturen erkennt, der Baukörper und die Räume spürbar werden. Das ist der erste Moment, wo man sich sagt: Ja, das wird gut.