Konsumenten sind beim Einkaufen mit vielen verschiedenen Siegeln konfrontiert. Woher kann man wissen, dass das GOTS-Siegel vertrauenswürdig ist?
Juliane Ziegler: Die Bezugnahme auf und Kennzeichnung mit GOTS sind geschützt, um Glaubwürdigkeit zu gewährleisten und Verbraucher*innen Transparanz zu garantieren. Jeder, der beabsichtigt, ein Textilprodukt mit dem markenrechtlich geschützten GOTS-Logo, mit einer GOTS-Kennzeichnung und/oder einem sonstigen Hinweis auf GOTS zu verkaufen, zu kennzeichnen oder darzustellen, muss zuvor sicherstellen, dass die GOTS-Kriterien und Lizenzbedingungen erfüllt werden. Das GOTS-Label am Produkt ist nur erlaubt, wenn alle Verarbeitungsschritte – vom Feld bis zum finalen Produkt – GOTS-zertifiziert sind!
Wie würden Sie den Unterschied zwischen GOTS und NATURTEXTIL BEST beschreiben? Hinter beiden Siegeln steht ja der IVN, der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft e. V.?
Juliane Ziegler: Bei Naturtextil BEST muss das Textilprodukt zu 100 % aus Naturfasern bestehen, die aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) oder kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbT) stammen. Bei GOTS hingegen gibt es zwei Labelstufen: Bei „made with organic materials“ ist ein Minimum von 70 % zertifizierten Biofasern erforderlich. Bei „organic“ müssen es mindestens 95% sein.
Auf utopia.de ist folgender Satz über GOTS zu finden: "GOTS verbessert über neue Standard-Versionen kontinuierlich seine Anforderungen, achtet aber zugleich darauf, dass sie für Hersteller und Einzelhändler im Massenmarkt umsetzbar bleiben, um eine möglichst große Hebelwirkung erzielen zu können." Trifft dieser "breitenwirksame" Ansatz von GOTS Ihrer Ansicht nach zu?
Juliane Ziegler: Das ist richtig, GOTS unterliegt alle drei Jahre einer Revision, zu der diverse Stakeholder, unter anderem Verteter*innen der Industrie, NGOs und Verbraucherinteressen, mit Fachwissen in den Bereichen ökologische Produktion, Textilverarbeitung, Textilchemie sowie soziale Kriterien beitragen. Durch die Überarbeitung des Standards wird dieser kontinuierlich verbessert und zugleich eine breite Anwendbarkeit garantiert, was zu einem noch größeren Impact führt. All das, was der Standard vorgibt, sollte langfristig nicht mehr die Ausnahme sein, sondern die Regel.
Wo sehen Sie für Ihre Organisation das größte Entwicklungspotenzial für die Zukunft: Noch strengere Kriterien? Noch mehr zertifizierte Betriebe und Produkte?
Juliane Ziegler: Man könnte sagen, das GOTS-Label hat an Berümtheit gewonnen und Konsument*innen suchen immer aktiver danach. Die Nachfrage nach zertifizierten Produkten wird so in den nächsten Jahren noch mehr zunehmen. Unternehmen werden verstärkt zur Verantwortung gezogen, reine „self-claims“ reichen langfristig nicht mehr aus, um eine nachhaltige Produktion zu garantieren. Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Qualitätssicherung spielen eine immer wichtigere Rolle! Betriebe müssen sich verstärkt damit beschäftigen wo, von wem und unter welchen Umständen ihre Produkte hergestellt wurden. Die Einhaltung sozialer und umweltgerechter Produktionsbedingungen, die Beziehungen zu Lieferanten, sowie der Einsatz nachhaltiger Materialien werden immer notwendiger.
Was ist Ihre persönliche Motivation für die Tätigkeit bei GOTS: ökologisches und soziales Engagement, Konsumenten mit wahrheitsgetreuen Informationen versorgen, die Welt ein bisschen besser machen ...?
Juliane Ziegler: Durch meine eigenen Erfahrungen in der Industrie habe ich aus erster Hand mitbekommen, wie „unnachhaltig“ leider vieles noch läuft. Das war für mich ein „eye-opener“. Die Frage, wie kann es besser gemacht werden, dass Mensch und Umwelt nicht mehr nur an 2. Stelle stehen, hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Mit meiner Arbeit bei GOTS kann ich meinem Anliegen, über die Möglichkeiten einer besseren, nachhaltigeren Textilwirtschaft aufzuklären, nachkommen. Nur wenn wir ganzheitlich agieren und alle Akteure entlang der gesamten Lieferketten miteinbeziehen, können wir gemeinsam etwas verändern – und diese Welt noch ein wenig schöner machen!